20070602

Die große böse Suchmaschine

Dass Google das neue große Böse ist, noch schlimmer als ein gewisser Monopolist aus Redmond, und deswegen ultimativ zu hassen ist ja nun altbekannt. Darüber werden aber die überraschend guten Seiten dieser Firma gerne vergessen - es hat ja einen Grund, weshalb Google so weit aufsteigen konnte.
Zunächst einmal kam Google mit einem schlichten Interface ohne Portalschnickschnack daher, in dem man das Eingabefeld erst einmal suchen musste. Bei dem ehemaligen Platzhirschen Altavista z. B. war die Startseite derart unübersichtlich, dass das Interface unter [www.raging.com] bei vielen als Geheimtipp galt; Fravia kam auch auf den Gedanken, mehrere Eingabefelder verschiedener Suchmaschinen auf eine lokal abgelegte HTML-Seite zu packen.
Zum zweiten bot Google trotz kaum entwickelter Befehlssyntax wesentlich höhere Qualität der Ergebnisse. Die Relevanz der ersten paar Dutzend Treffer war oft deutlich höher als bei der Konkurrenz und man musste schon einige Erfahrung mit den befehlen von Altavista haben, um auf ähnlich gute Ergebnisse zu kommen. Irgendblog las ich letztens, die überlegenen Ranking-Mechanismen von Google seien eine Mär, die von erfolgreichem Marketing verbreite worden sei. Das ist definitiv nicht so. Ich beschäftige mich seit Jahren mit effektivem Suchen im Netz und ich kann mich noch gut an das "Ah!" erinnern, das nach dem Erscheinen von Google durch die Gemeinde der Websucher ging. Ob dieser Vorsprung vor der Konkurrenz auch heute noch so deutlich ist, steht allerdings auf einem anderen Blatt.
Ein dritter Punkt pro Google sollte nicht unerwähnt bleiben: Im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen dieser Größenordnung hat Google Humor. Man sehe sich z. B. diese Wegbeschreibung von München nach New York an und achte dabei besonders auf Punkt 37.

20070525

Wider besseres Wissen...

Der Bundestag hat gestern abend die Änderung des StGB verabschiedet, um Computerkriminalität besser bekämpfen zu können. U. a. wurde beschlossen, den §202c einzufügen, dessen Mängel für Sachkundige augenscheinlich sind, was auch dem federführenden Rechtsausschuss des Bundestages gegenüber deutlich gemacht wurde. Die Meinung der angehörten Experten aus Wirtschaft, Verbänden und Organisationen wie dem CCC war einhellig negativ. In Kenntnis - oder besser: trotz - dessen wurde das Gesetz verabschiedet. Selbst Die Grünen haben dafür gestimmt; dabei hielt ich sie bisher für eine Partei, die sich nicht scheuen, sich auch mal querzulegen, vor allem, wenn die Untauglichkeit eines Gesetzestextes so offenkundig ist.

MdB Jörg Tauss, der als einziges SPD-Mitglied gegen den Entwurf stimmte, hat es in einer Pressemitteilung auf den Punkt gebracht:
"Da der heute Nacht im Bundestag verabschiedete Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Strafrechtsänderungsgesetz zur Bekämpfung der Computerkriminalität nicht verabschiedungsreif war, habe ich ihm meine Zustimmung verweigert. Das Gesetz gefährdet in seiner verabschiedeten Form massiv die IT-Sicherheit und konterkariert die IT-Sicherheitsforschung in Deutschland.
...
Gesetze nach dem Motto „trial and error“ halte ich allerdings für nicht akzeptabel – zumal dann, wenn damit Menschen ohne jeden vernünftigen Grund und ohne jede Notwendigkeit kriminalisiert werden"


Der Grund, warum solche Artikel wie Elite sucht Staat zustandekommen, ist die fakten- und lernresistente Art, mit der die Politik in Deutschland derzeit agiert; man lese es bei Frank nach - ich kann ihm nur zustimmen. Ich glaub echt, ich muss hier weg.

Update:
Andreas Bogk hat einen Bericht über die Abstimmung verfasst.

20070524

Elite sucht Staat

Die Entwicklungen in Richtung mehr Überwachung, mehr (staatliche) Sicherheit (wovor eigentlich?), weniger Freiheit, weniger Bürgerrechte sind unübersehbar und, wie ich finde, sehr bedenklich. Dennoch kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die große Masse der Bevölkerung das Thema entweder nicht wahr- oder nicht ernst nimmt. Die naheliegendste Erklärung für den spärlichen Widerstand steckt für mich immer noch in dem Satz "Menschen sind Schafe". (Arrogant? Ja. Aber würde ich mich sonst zur Elite zählen? ;)

Es häufen sich die Momente, in denen ich denke, ich muss hier weg. Insofern sprach mir Su-Shees Artikel "Mein Dank geht an die Wähler!" heute aus der Seele und ich konnte es nicht lassen, ihre Kleinanzeige als JPEG umzusetzen:

20070515

Die Reichstagsakrobaten

Die Jungs, die den Reichstag erklettert und dort ihre Transparente aufgehängt haben, haben eine - in den Massenmedien afaik weitgehend unbeachtete - Erklärung ins Netz gestellt, die ich lesenswert finde.

20070508

Staatliche Kontoprüfung 2k6

Die Bank (Zeitschrift für Bankpolitik und Praxis) berichtet, die Zahl staatlicher Kontoüberprüfungen sei im Jahr 2006 erstmals sechsstellig gewesen. Gegenüber dem Vorjahr sei das ein Anstieg von über 50%.

Aus einer kleinen Tabelle, die die Urheberschaft der Anfragen aufschlüsselt, lässt sich entnehmen, dass der Löwenanteil auf Polizei und Staatsanwaltschaft entfällt. Die Finanzämter, die Zollbehörden und die BaFin machen einen weiteren Teil aus. Wer sich hinter der Zeile "Sonstige" verbirgt, darüber darf spekuliert werden ;)

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20070126

Stoiber, mach mir den Nuhr!

"Nicht der Staat schuldet den Terroristen ein Signal der Versöhnung, sondern die Terroristen müssen zunächst einmal ihre Taten ehrlich bedauern und sich zum Rechtsstaat bekennen". (Ede Stoiber)


Absolution kann nur erteilt werden, nachdem der Täter sich als reuiger Sünder gezeigt hat?
Moment! Wir, d. h. zumindest ich - denn in Bayern mag das anders sein - leben in einer laizistischen Gesellschaft. Zur Beichte kann man genausowenig gezwungen werden wie zum Glauben, sei es an die Kirche oder sei es an den Staat. Zumindest ist das mein laienhaftes Verständnis des GG, Artikel 4, wo es u. a. heißt:
"Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich".
Andere haben das auch schon mal kürzer ausgedrückt:
Die Gedanken sind frei.

Wenn also Christian Klar oder Brigitte Mohnhaupt denkt "Das ist ein Scheißsystem hier", dann dürfen die das. Punkt. Nach fast einem Vierteljahrhundert im Gefängnis würde ich ihnen das nicht einmal verübeln, völlig unabhängig davon, welche Taten sie davor begangen und ob sie ihre Ansicht jemals geändert haben. Was eigentlich unterscheidet einen Terroristen von einem "gewöhnlichen" Mörder, dass man selbst eine Generation später noch nach Rache schreit? Reue ist nicht die vorgesehene Bedingung für Bewährung, so wünschenswert sie auch sein möge. Bürger-, nicht Feindstrafrecht.
Und sollte das irgendwann einmal anders werden, dann werde ich an vorderster Front für einen neuen Paragrafen im StGB kämpfen, der Populismus im Amt unter Strafe stellt. Ein besonders schwerer Fall liegt vor, wenn die Tat zur Verschleierung eigener Fehler oder zur Ablenkung von politischen Krisen begangen wird.
Und bis dahin, Stoiber, mach mir den Nuhr: Einfach mal Fresse halten.

20061126

Schnell verschwunden...

... aus dem Netz sind die Hinweise auf Bastian B., den jungen Mann, der Emsdetten bekannt gemacht hat. Etwas makaber vermeldet MySpace:
Ungültige Freund-ID.
Dieser Benutzer hat entweder seine Mitgliedschaft gekündigt oder sein Account wurde gelöscht.


Ja, Account gelöscht. Er seins, ziemlich gründlich. Und auch sonst wurde so einiges aus dem Netz entfernt, von wem ist nicht ganz klar. Seine Webseite, auf der er in einem Abschiedsbrief seine Taten angekündigt haben soll, wie bei Telepolis und Indymedia dokumentiert. Mehrere Mirrors hat es anscheinend auch schnell wieder aus dem Netz gekegelt. Der Google-Cache hat bereits die neueste Version der Seite, also die Confixx-Meldung, dass die Seite gesperrt sei.

~~~
Update:
Auf http://www.keinmensch.de steht etwas mehr dazu, wie es zu der Zensur kam:
Wie die meisten wissen, war hier am 20. November Bastians Abschiedsbrief zu lesen, ergänzt durch eine Sammlung von Bildern, Forenauszügen und Videos. Doch dann wurde ich -so wie viele andere- von der Kriminalpolizei angerufen.


Dialog(sinngemäß):

"...wir bitten Sie, den Brief, so wie sonstiges Material bezogen auf Herrn Bosse unverzüglich aus dem Netz zu nehmen..."

"Bitten Sie mich jetzt nur darum, oder bin ich rechtlich dazu verpflichtet dies zu tun?"

"Ich glaube nicht, dass Sie sich jetzt mit uns anlegen wollen..."

"Nein ich wollte nur wissen, weil..."

(ins Wort fallend) "na dann sind wir uns ja einig"

Gespräch Ende

~~~

Wie üblich und wie zu erwarten war die Meldung natürlich zugleich der Startschuss für die Herren der Demokratur, mit dem Sabbern anzufangen. Diese Art ereignisgesteuerter verbaler Inkontinenz geht mir zunehmend auf den Geist.
Und es wundern sich die Schwarzweißmaler, die alles und jedes dafür benutzen würden, ihren Namen in die Medien zu drücken, ihre Klientel zu bedienen, ihre Ziele durchzusetzen, dass der Michel ihnen untreu wird. Ich finde, der Michel sollte dafür sorgen, dass die Amokläufer in Zukunft die richtigen Ziele finden. Schulen sind absolut ungeeignet. Wie wär's statt dessen mit Kabinettssitzungen!?

(Und das scheint nicht nur mir so zu gehen. Ich frage mich manchmal, wie lange es noch dauert...)

Ein Rant wie dieser mag manchmal befreiend wirken. Ein entlarvenderer, bissigerer und um Längen geistvoller Weg mit der politischen Verbalinkontinenz umzugehen, findet sich hier.